Mein Schreibtisch mit aufgeklapptem PC, einer Lampe und Ordner.

Mein Schreibtisch – Ein Ort für Literatur, Selbstliebe und kreatives Chaos

23. August 2024

Warum mein Schreibtisch ein Stück innere Heimat ist, wie ich dort zwischen Kreativität, Inspiration, Ordnung und Unordnung mein Schreibleben organisiere und wie es dazu kam. Davon erzählt dieser Artikel, mit dem ich begeistert an der Blogparade von Alexandra Bohlmann teilnehme. Als Organisationsmentorin verhilft sie kreativen Chaotinnen vor allem zu mehr Selbstliebe. Denn auch ein Schreibtisch verrät mehr über uns, als wir zunächst denken mögen.

Der Schreibtisch meiner Kindheit

Breit war er, Stauraum hatte er und einen roten Schreibtischsessel davor: das war der Schreibtisch in meinem Kinderzimmer. Gefühlt von Beginn an. Ich gehörte zu den sogenannten Drinnen-Kindern und verbrachte einen Großteil meiner Kindheit lieber in meinem Zimmer als im Gekrabbel der Natur: hinter Büchern und am Schreibtisch fühlte ich mich wohl. Dort machte ich nicht nur meine Hausaufgaben ziemlich gerne (außer Mathe oder technischem Zeichnen), sondern liebte es irgendwann, den rechten Teil mit Büchern, einem Deckchen, Blumen und später einem dieser drehbaren CD-Regale aus Plastik zu dekorieren.

Obwohl ich verrückterweise schon damals keine wirklich schöne Handschrift hatte, schrieb ich gerne. Ich mochte es auch, Hefte und Bücher über dem Tisch auszubreiten, um hier zu stöbern und dort nachzuschauen. Bis heute mag ich das sehr.

Ich hatte auch eine weitere Eigenschaft, die für Kinder nun wirklich untypisch sind: ich liebte Aufräumen. Auch das ist bis heute geblieben. Ich liebe Ordnung und brauche das auch, um mich wohl zu fühlen und klar denken zu können. Ich mag auch den Prozess des Aufräumens und freue mich unglaublich über das Ergebnis. Es ist ein schönes Gefühl, sich dem Chaos des Lebens und der Welt mit der Illusion von Ordnung entgegenzustellen.

Mein Schreibtisch heute

Am linken Ende meines Schreibtisches befindet sich ein Posteingangkasten. Darin sind private Vorgänge wie Briefverkehr mit der Krankenkasse oder ein Zeitungsausschnitt zu einem Thema, das ich mal angehen möchte. Das rechte Ende des Schreibtisches ist für berufliche Dinge reserviert: oben stehen ein paar Ordner mit den wichtigsten Unterlagen, in denen ich öfter nachschlage. Themen, mit denen ich mich gerade beschäftige. Früher waren das Vorschläge mit Themen für Redaktionen, heute geht es um den Aufbau eines Online-Business. Und immer habe ich auch so einen Krims-Krams-Ordner, beschönigend mit Bibliothek betitelt.

Papiere, Ausdrucke, Fact-Sheets, das aktuelle Arbeitsjournal liegen vor den Ordnern, rechts von meinem rechten Arm. Das ist mein Hauptarbeits-Stapel. Mir ist wichtig, dass er klein und überschaubar bleibt. Ich brauche das Gefühl, ungefähr zu wissen, was sich in dem Stapel versteckt und ich das in etwa beherrschen kann. Ich habe also aktuell zu bearbeitende Projekte nicht gern in Ordnern oder Körben, sondern möchte sie klar und offen daliegen sehen. Sie sollen mir ins Auge fallen und mich „stören“, damit ich sie abarbeite. Ich gebe zu, wir liefern uns ein Battle aus „Komm her, Baby, ich will Dich“ und „ja, ja, irgendwann“ oder „hey, lass mir Zeit, immer mit der Ruhe“.

Wie der lesende Holzmann mein Heiligtum bewacht

Das Liebste meines Schreibtisches befindet sich oben in der Mitte meines Schreibtisches: meine verschiedenen Journals. Sie sind mein Heiligtum. Da ist eines mit meinen Gedichten, mehrere mit Wort- und Textfragmenten, ein Lesetagebuch, eines, in dem ich ungewöhnliche Straßen- oder Familiennamen sammele, ein Wünschebuch, ein Heft für aktuelle, autobiografische Notizen. In einem anderen Artikel habe ich mehr über meine Journals geschrieben. Rechts von den Journals ist mein Orga-Set mit Stiften, Zettelkasten, Büroklammern, ein Locher, Tacker, Tesafilm. Aber meine Journals sind inspirierend für mich, mal schreibe ich etwas ein, mal suche ich gezielt nach etwas, ein anderes Mal blättere ich einfach nur so durch und freue mich an der Vielfalt, die da so im Laufe der Jahre zusammengekommen ist. Das fühlt sich für mich nach innerem Reichtum an. Gedankenwelt, Ideen, Vorschläge, Witziges, Originelles, Komisches, Albernes. Manche Worte leuchten mich an, andere strahlen mich vom staubigem Papier an, Manches ist bescheuert und lässt mich den Kopf schütteln.

Passend dazu wird dieser Journalsstapel gehalten von einer alten Buchstütze aus Holz, die ich von meinen Eltern habe und sehr liebe. Da sitzt ein Mann im Anzug auf einem Bücherstapel, tief gebeugt über einem dritten Buch. Von diesen witzigen Dingern habe ich zwei Stück. Natürlich aus Holz. Denn Wald und Bäume spielen auch eine große Rolle in meinem Leben. Aber das ist eine andere Geschichte.

Aus mir unerfindlichen Gründen wächst allerdings auch bei mir auf dem Schreibtisch der eine oder andere Stapel. Gerne viele Bücher, die sich offensichtlich an diesem Ort sehr wohl fühlen. Ich bin ja auch gut zu ihnen: ich beachte sie, schaue gerne in sie hinein und nehme sie gerne zur Hand. Und genau das liebe ich so. Da hatte ich doch dieses interessante Zitat gefunden und dort jene Textstelle. Die wären fein für den nächsten Instragram-Post. Oder die letzte Psychologie heute-Zeitschrift. Unbedingt muss ich das noch abfotografieren und in meine Bibliothek (!) in Notion stecken. Aber halt; war da nicht so ein ähnlicher Artikel in dieser Zeitschrift von … Moment, wo war sie doch gleich. Achso, schon zwei Jahre alt. Hm.

Diese Mischung inspiriert mich. Ich finde es anregend und es macht mir kreative Stimmung, wenn da so Ideenangebote herumliegen. Ich schätze dieses Wühlen und Suchen, dieses Stöbern und Blättern und Rascheln. Manchmal fällt ein Stapel mit Ordnern oder Büchern mit einem Rumms um. Auf den anderen Stapel Bücher. Wenn das zu oft passiert, dann organisiere ich doch mal um. Ich bringe bedauernd ein Buch wieder zurück ins Bücherregal ins Wohnzimmer, weil ich es in sechs Wochen nicht geschafft habe, das Zitat in ein Posting zu verwandeln. Oder bündele ein paar Papiere und manches kann ich wegwerfen. Ich mag meine Papierkorb übrigens. Ich liebe das Reissgeräusch, wenn ich mich dafür entscheide, auszumisten. Es passiert mir fast nie, dass ich dem dann hinterhertrauere.

Vor vielen Jahren habe ich mal zwei Ordner bzw. deren Inhalt weggeworfen zu Schriftstellerinnen und Autoren, Büchern, Texten und Besprechungen. Offenbar hatte ich Platz gebraucht und gemeint, diese Dinge nicht mehr zu brauchen. Und es mag ja auch stimmen: wann schaue ich da wieder hinein? Aber in großen Abständen tue ich das doch. Denn ich liebe ältere Bücher, Zeitungsausschnitte. Ich liebe den Geruch von Druckerschwärze und blättere das dünne, alte Zeitungspapier vorsichtig um. Ich schätze es sehr, Informationen und Anregungen zu finden, die gerade nicht aktuell sind. Denn ich grabe und forsche gerne nach älteren Dingen, weil sie die Grundlage sind für Heutiges. Wie in Biografien.

Unser heutiges Leben fußt auf alten Geschehnissen. Wir haben alle eine Geschichte. Und Geschichten haben einen Anfang vor dem Anfang. Den Dingen auf den Grund zu gehen, bei Menschen wie bei Büchern und Texten gehört zur DNA meines Denkens. Ich frage immer nach dem Woher und Warum. Damit habe ich schon den einen oder anderen ziemlich genervt. Meine Arbeitsumgebung hilft mir dabei. Das, was andere Menschen schon vor mir gedacht und gefühlt haben, mag ich gerne finden, verstehen und in mein Fühlen, Denken und Schreiben einarbeiten, mit Quellenangabe selbstverständlich.

Ich liebe das Sitzen am Schreibtisch, vor meinem Computer. An manchen Tagen zehn Stunden und ich muss mich zum Essen zwingen, weil die Zeit verfliegt, ich aber noch so viel schreiben möchte. Ich liebe es so sehr, dass ich mich nach jedem Urlaub darauf freue, wieder vor ihm zu sitzen. Da kenne ich mich aus, da bin ich daheim. Da ist Ruhe, da habe ich Zeit, da schätze ich das Alleinsein. Ab und an gerne unterbrochen von Zoom-Meetings mit lieben Kolleg*innen.

Über und unter dem Schreibplatz

Über meinem Schreibtisch hängen zwei große, weiße Boards aus Metall. Erst eine, dann zwei. Denn meine kreative Denk-Chaos-Ordnung brauchte Platz. Nicht nur hängen da schöne Postkarten mit belebenden Sprüchen („lass uns das Leben tanzen“ – genau mein Ding), Termine von Chor und Fitness-Studio (obwohl ich letztere ehrlich gesagt so gut wie nie beachte). Sondern ich brauchte Platz, um meinen Schreibkurs zu konzipieren. Viele bunte Klebezettel für Kapitel und Lektionen brauchten Raum und Sicht, damit ich strukturieren konnte. Ein Jahreskalender und einen Zeitplan für die Woche (auch nie beachtet). Momentan ist ein Zettel besonders wichtig, auf den ich derzeit oft schaue: es sind die Hexa-Codes für meine Branding-Farben, die man ja überall eintragen muss: in Canva, Elopage, das Newsletter-Tool …

Unter meinem PC habe ich eine weiße Schreibtischauflage mit durchsichtiger Plastikoberfläche. Die hatte ich mir beim Einzug in meine neue Wohnung deshalb gekauft, weil ich da auch mein Vision-Board hingepappt habe. Ich hatte mein neues Wunschleben bebildert: Wandern, Geselligkeit, Erfolg mit dem Schreibkurs, Bücher, Lesungen, Singen und Tanzen gehörten dazu. Diese Bilder hatte ich zwischen der weißen Unter- und der durchsichtigen oberen Fläche platziert. Und auch wenn ich selten aktiv hingesehen habe, wusste ich genau, welche Bilder dort waren. Sie hatten sich in mein Unterbewusstsein gepflanzt und waren dort offenbar ganz gut gediehen. Das Visionboard tat also, was es tun sollte.

Wie ich mich neulich neu organisiert habe

Als ich neulich wiederholt einen Platzkampf zwischen Büchern, Ordnern und der Kaffeetasse ausfocht, wurde mir klar: hier muss mal wieder etwas passieren. Der Stapel meiner Arbeitsbücher wurde immer länger und drohte ständig, herunterzufallen. Und beim geliebten Herausziehen und Wieder-Zurückstellen eines Buches aus dem Stapel hätte ich drei Hände gebraucht, um das Ganze elegant zu managen. Warum verdammt hatte ich eigentlich kein Bücherregal für meine Schreibratgeber und die Bücher aus Psychologie, Persönlichkeitsentwicklung und Biografiearbeit? Ich habe zwar im Arbeitszimmer zwei geschlossene Schränke für Ordner und Bücher. Aber die stehen weit weg vom Schreibtisch und sind sowieso schon fast voll. So ging das nicht weiter. Ich brauchte ein Regal direkt am Schreibtisch, mit dem ich regelmäßig arbeiten konnte, das aber auch schön aussah. Denn ich brauche unbedingt eine schöne Umgebung um mich herum, beim Arbeiten und beim aktiven Wohnen.

Nun hatte ich mir zwar etwas dabei gedacht, als ich mir mein Arbeitszimmers vor ein paar Jahren eingerichtet hatte. Ein querstehender Glastisch sollte den Raum optisch verbreitern. Und eigentlich sieht er ja ganz chic aus. Aber Moment, ich könnte doch… Mit Zollstock die Möglichkeiten ausgemessen stellte ich erfreut fest, dass der Tisch zwar weg muss, aber genug Platz für ein weißes Bücherregal eines schwedischen Möbelhauses war. Auch den Drucker könnte ich dort galant platzieren.

Für schlappe zehn Euro kaufte ich ein gebrauchtes Regal. Es war schon aufgebaut, benötigte nur ein paar neue Nägel und Wischlappen und schon konnte ich meine Bücher und Materialien rechts neben dem Schreibtisch aufstellen. Der Tisch wird nun ausrangiert. Aber erstaunlicherweise habe ich nun nicht nur mehr Ordnung im Bücher-Chaos, sondern auch der ganze Raum hat gewonnen.

Bücherregal mit Büchern, einem Spruchkalender und Blumentopf

Mein neues Bücherregal im Arbeitszimmer.

Und als ich schon einmal dabei war, alles neu zu ordnen, habe ich gleich meinen ganzen Schreibtisch abgeräumt, von Staubflusen befreit und alles neu angeordnet. Alte Stifte habe ich weggeworfen, leere Minen in Kugelschreibern erneuert, Überflüssiges entfernt. Plötzlich wollte ich auch die bunten, kribbeligen Bilder in der Schreibtischunterlage nicht mehr. Ich wollte mehr Ruhe reinbringen. Die Bilder meines Wunschlebens habe ich noch auf einem anderen Vision-Board in meiner Wohnung und in Kopf und Herz. Aber hier genieße ich jetzt eine aufgeräumte, weiße Fläche. Vielleicht brauche ich es auch deshalb, weil ich meinen ersten Schreibkurs gerade fertig bekomme und dann eine neue Arbeitphase beginnt.

Mein privates Schreiben

Doch ich schreibe nicht nur am Schreibtisch. Wenn ich nur für mich schreibe wie Morgenseiten, ich mir mit Journaling Antworten auf aktuelle Fragen erschreiben will oder eine Wanderung oder Ausstellung in mein Erlebnis-Journal schreiben und kleben will, dann mag ich das nicht im Arbeitszimmer tun. Das ist privat, das ist intim und das ist Freizeit. Deshalb liegen meine aktuellen, privaten Journals und auch mein Jahreskalender am Wohnzimmertisch. Denn so gerne ich am Schreibtisch sitze, aber ich grenze ganz private Gedanken und Schreiben von beruflichen ab und damit auch die Schreiborte. Ich habe sogar Ins-Bett-Geh-Journals, die im Nachtisch liegen, weil ich sie dafür benutze, den Tag abzuschließen.

Der Schreibtisch meiner Träume

Manchmal hätte ich gerne noch viel mehr Platz zum Schreiben, Kleben, Malen. Ich kann zwar überhaupt gar gar nicht malen. Also so überhaupt kein bisschen. Ich scheitere schon daran, ein Auto darstellen zu müssen, so dass man es ungefähr erahnen kann. Ich bin quasi Mal-Legasthenikerin. Nichtsdestotrotz liebe ich Farben so sehr. Buntstifte und wasservermalbare Wachsmalstifte. Denn ich mache gerne mit Strichen, Flächen oder Linien Dinge bunt. Wenn ich das dann nach einiger Zeit wieder anschaue, ist das wunderschön und gibt meinem Leben Farbe, Erinnerung und Tiefe. Außerdem mag ich es, Dinge aus Zeitschriften auszuschneiden und als Collagen neu zusammenzufügen. Auch das kann ich nicht wirklich gut. Aber ich mag es gerne tun.

Am liebsten hätte ich einen U-förmigen Schreibtisch: eine Ecke, in der aktuelle Recherchearbeit liegenbleiben kann, eine Ecke mit Platz für mindestens zwei Bildschirme (einen fürs Schreiben und einen fürs Gestalten, oder einen anderen Text😉) und einen Platz für Farbstifte, Journals, Papiere… Denn einen Riesenstapel alter Zeitschriften habe ich auch. Im Wohnzimmer. Ich wollte schon so lange mal mit Freundinnen so einen Tag machen, an dem wir unser Wunschleben zusammenkleben oder das, was jetzt schon an Buntheit in unserem Leben ist. Leute, ich habe zu tun, also machts gut.

Fröhliches Schreiben, Kleben und Leben wünscht euch

Susanne

2 Kommentare

  1. Liebe Susanne,

    bei deinem Text bin ich die komplette Zeit mit einem Lächeln und sehr oft mit einem zustimmendem Nicken gesessen. Wie schön du einen mitnimmst in deine Gedanken und Prozesse. Noch schöner, dass du trotz deiner Mal-Legasthenie deinem Drang zu Farben und Formen nachgeben kannst. Vielen Dank, dass du bei meiner Blogparade mitgemacht hast und diese Einblicke gewährt hast. Über das Erlebnis Journal würde ich gern mehr erfahren. 😁
    Herzliche Grüße Alexandra

    Antworten
    • Liebe Alexandra,
      ich danke dir herzlich für deinen lieben Kommentar! Das freut mich sehr, sehr, dass ich dir damit ein Lächeln aufs Gesicht zaubern konnte. Mein Erlebnis-Journal ist einfach eine A4-Kladde, in die ich Erlebnisse wie Konzerte, Ausstellungen, Feiern usw. mitsamt Flyern, Eintrittskarten usw. einklebe, festhalte und dazu etwas schreibe. Wegen dieser Materialien eben ausnahmsweise A4.
      Herzliche Grüße
      Susanne

      Antworten

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